Hugo Samson

Veröffentlicht: 26. Dezember 1914 von westermayer in Verlegung

Hugo SAMSON Hugo Samson - Stein
geboren am 22. Januar 1914 in Aurich

 

 

 

Straße: Nürnburger Straße 24
Todesdatum: 7. Juni 1977
Todesort: Berlin
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Hugo Samson (Foto der Kennkarte, StA Aurich)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Hugo wird am 22. Januar 1914 in Aurich geboren als jüngstes Kind der Eltern Jakob Hartog Samson und Jenny Salomon, genannt „Minna“, geb. Windmüller. Er hat zwei ältere Schwestern, Resi und Betti. Sein Vater Jakob betreibt mit Hugos Onkel Simon Hartog eine Schlachterei in der Marktstraße 19 in der er auch mitarbeitet. Hugo verbringt langjährige Lehr- und Wanderzeiten als Schlachtergeselle an vielen Orten in Deutschland. Er muss ohnehin eine besondere Kraftnatur gewesen sein, was sich im Weiteren erzählen lässt.

Hugo kommt gerade von auswärts nach Aurich, als er gewahr wird, wie Auricher Juden eingesammelt und nach Sachsenhausen transportiert werden. Er kann sich verstecken bis die Hetzjagd vorbei ist. Am 13.06.1939 meldet er sich aus Aurich ab nach Gut Winkel in Spreenhagen, einem Hachschara-Lehrgut östlich von Berlin – obwohl er ja einen praktischen Pionierberuf hat. Dort lernt er Irene Beck *15.3.1912 kennen. Sie ist ebenfalls jüdischer Abstammung.

Schnell wird den jungen Leuten in Gut Winkel klar, dass sie auf eine geordnete Ausreise nach Palästina per Zertifikat kaum noch hoffen können. Mit Kriegsausbruch zerschlägt sich dies endgültig. Die Jungen von Gut Winkel fürchten in Lager des nun errichteten Generalgouvernements Polen abgeschoben werden. Erste Deportationen fanden auch bald danach statt.

Schon während des 21. Internationalen Zionisten- Kongresses im August 1939 begannen jüdische Untergrundkämpfer (aus ihnen wurde später der Mossad) in Absprache mit Adolf Eichmann – der sich im übrigen diese Zustimmung für viel Geld abhandeln ließ – die Pionier-Hechaluz-Lager in Deutschland und Österreich aufzulösen, um eine illegale Ausreise über die Donau zum Schwarzen Meer zu organisieren. Diese Aktion wurde Aliyah Beth (- die zweite) genannt. Aliyah, hebräisch, heißt Aufstieg – die Rückkehr aus dem Exil in das Gelobte Land.

Hugo und Irene flüchten mit anderen Hechaluz von Gut Winkel über die Donau mit der DDG nach Sulina am Schwarzen Meer. Dort liegt bereits die von Mossad Agenten gecharterte Hilda, ein kleiner Donau-Kohlefrachter mit 792 BRT von 1884. 729 Flüchtlinge müssen im kalten Laderaum unterkommen. Die Abreise verzögert sich, denn es wird noch auf weitere nachfolgende Flüchtlinge gewartet. Das Schiff friert fest. Es gibt kein Wasser, keinen Brennstoff. Zwei Frauen kommen in unbeschreiblichem Dreck und Gestank nieder. Am 9.12.1939 läuft die Hilda endlich zum abgelegenen Dobrudschahafen Balcik aus, um dort weitere Flüchtige aufzunehmen.

Mitte Januar 1940 verlässt die Hilda Balcik. Beim Auslaufen aus den Dardanellen wird die Hilda von einem britischen Kriegsschiff aufgebracht und darf nur unter bewaffneter Aufsicht weitersegeln. Als den Flüchtlingen vor Haifa eröffnet wurde, sie können nicht mit einer Landung rechnen, beginnen sie sämtliche wichtigen Schiffseinrichtungen zu zerstören, um eine Weiterfahrt zu verhindern. Am 24.01.1940 macht die Hilda nun in Haifa fest. Die Frauen werden freigelassen, die Männer im Lager Athlit interniert.

Hugo beschließt in die britische Armee einzutreten. Er will gegen Deutschland kämpfen und es von den Nazis befreien. Er heiratet Irene. So kommen beide zu ihrem legalen Status im britischen Mandatsgebiet.

Hugo wird kämpfender Soldat, zuerst in Nordafrika, später in der Invasionsarmee in der Normandie. Und kämpft bis Kriegsende bei Magdeburg. Er erhält eine Tapferkeitsauszeichnung.

Das junge Paar lässt sich nach dem Krieg in Herzlya/Israel nieder. 1950 wird Sohn Joram geboren. 1952 schreibt Hugo als alleiniger Erbe an Dr. Anklam wg. Rückübertragung des geraubten Samson-Vermögens. Es gibt einen Wiedergutmachungsvergleich, den Hugo widerstrebend aber doch letztendlich annimmt.

Er fragt auch nach seiner verschollenen Schwester Resi, von der er nur von Osnabrück als letzten Lebenspunkt weiß. Er erhält von der Auricher Staatsanwaltschaft folgende Nachricht:
„… ist sie am 3. 2. 41 in Chelm gestorben und im Sterbebuch 399/1941 eingetragen“
Und das Landeskrankenhaus Wunstorf antwortet ihm am 11.07.1952 die bekannten Tatsachen gleichermaßen verschleiernd:
„Die Patientin Resi Samson, die hier vorübergehend untergebracht war, ist am 27. 9. 40 in eine jüdische Sammelanstalt im dam. Gen. Gov. verlegt worden. Nach einer mir später gewordenen Auskunft ist der größte Teil der Kranken ins Heil- und Pflegeanstalt Chelm bei Lublin überführt. Frau Jenny Jakob Samson und Betti Samson sind hier [Wunstorf] nie gewesen [?].“
(Ergänzung: Diese Auskünfte waren falsch. Sie basierten auf den von den Organisatoren der Tötungsaktion gefälschten Unterlagen. Tatsächlich wurde Hugos Schwester Resi am 27.09.1940 in die Tötungsanstalt Brandeburg eingeliefert und dort ermordet. Eine ausführliche Biografie findet sich auf dieser Homepage: Resi Samson und im Buch „Stolpersteine Aurich“, das auch auf dem Blog des Verlages eingesehen werden kann.)

1956 drängt Irene wieder nach Deutschland zurückzukehren. Hugo betreibt die Wiedereinbürgerung. Nach umfangreichem bürokratischem Procedere, Hugo war auf der Flucht das Lichtbild seiner Meldekarte verlorengegangen, schreibt der Landrat in Aurich am 23. 10. 56
„[…] bestehen keine Bedenken gegen eine Wiedereinbürgerung“.

Am 9.01.1957 wohnt die Familie in Berlin in der Nassauischen Straße 2. Hugo leitet ein jüdisches Wohnheim in Lichterfelde, Baseler Straße 11. Am 7.06.1977 stirbt er und wird auf dem jüdischen Friedhof an der Heerstraße/Scholzplatz begraben, Irene gestorben am 22.07.2003, daneben.

Von ursprünglicher Kraft und Lebensmut ist Hugo in Deutschland nicht viel geblieben. Er kann über den Verlust seiner Familie nicht sprechen. Anfangs besucht er Aurich mehrmals, kann aber keine Verbindung mehr zum Ort seines Ursprungs aufbauen.

Die Stolpersteine vor dem Haus Nürnburger Straße 24

Schüler der Berufsfachschulklasse Bautechnik der BBS Aurich II bei der Verlegung

Recherche: Jörg Peter
Eingabe: Hans-Jürgen Westermayer
(Stand 21.02.2013)
Foto:  Kennkarte Staatsarchiv Aurich
Gut Winkel Spreenhagen
Das Schiff HILDA in BalcikFotos von der Legung: Günther Lübbers
Opfergruppe: Juden
Quellen: Staatsarchiv Aurich
Staatsarchiv Osnabrück
Stadtarchiv Hannover
Interview Joram Samson mit Autor 2012
Literatur:
Patenschaft: Ev.-ref. Kirchengemeinde Aurich
Verlegetermin: 21. Februar 2013

Gut Winkel, Spreenhagen

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die HILDA in Balcik

 

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